In der Generalversammlung am 13.1.1957 wurde Bericht und Rechenschaft über das abgelaufene Geschäftsjahr gegeben. In ihr wurde der Beschluß befaßt, für die Sermer Pfarrkirche ein buntes Glasfenster zu stiften. Durch Spenden der Mitglieder sollen die Mittel beschafft werden.

Am 20.1.1957 beging die Bruderschaft das Patronatsfest. Das Hochamt war für die lebenden u. verstorbenen Mitglieder der Bruderschaft. Ein Vertreter des „Speckpaters“ Werefried van Strathen (richtig: Straaten – gebürtiger Niederländer, Pater in einem belgischen Kloster, Begründer der Ostpriesterhilfe – sammelte bei Bauern Lebensmittel anstatt Geld, daher die Bezeichnung) hielt eine Predigt über die kirchliche Not hinter dem „Eisernen Vorhang“. [CS 63] Die Kollekte ergab den Betrag von 233,- DM. Nach dem Hochamt war im Lokale Issel ein gemeinsames Frühstück der Schützenbrüder. Beim Preisschießen auf der Kegelbahn von Radmacher war unter den Schützenbrüdern ein eifriger Wettkampf. Die Frauen fanden sich am Nachmittag zum gemeinsamen Sebastianuskaffee ein. Nach dem Kaffee hatten die Frauen der Mitglieder Preiskegeln. Anschließend blieb die Schützenfamilie bis ½ 3 Uhr zum fröhlichen Tanz vereint.

Am Sebastianustage 1957 verstarb Herr Dr. Werner Neyen, Hüttenheim. Seit 37 Jahren hat er die Kranken unserer Dorfgemeinschaft betreut. Er erfüllte seinen Beruf im Sinne des Christuswortes: „Was ihr dem Geringsten unserer Brüder getan, das habt ihr mir getan.“ Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Mündelheimer Friedhof.

Neben den Festen der Bruderschaft haben in unserer Dorfgemeinschaft die Veranstaltungen der Karnevalsgesellschaft Südstern sich zu prachtvollen u. zugkräftigen Feiern entwickelt. Sie sollen wie die Bruderschaft den Gemeinschaftsgeist, die Freude und das Brauchtum fördern. Am Samstag, den 2. März, lebte ein alter Brauch im Dorf wieder auf „Der Ätzebär“. An einem langen Gängelbande wurde eine in Stroh gehüllte Person mit Peitschenknallen durchs Dorf getrieben. Für den armen Bären ist die Sache ein rechtes Spießrutenlaufen. Von den begleitenden Kindern u. Leuten in den Türrahmen wurde der Bär verhöhnt u. belacht. Die Karnevalsgesellschaft hat aus dem Bärentreiben schon ein Privileg gemacht. Gleichzeitig sammelt sie auf einer langen Stange Würste u. Eier im Korb. Klingende Münzen werden auch dankbar kassiert. Das Bärentreiben geht dem westlichen Dorfausgang zu. Dort wird die Hülle des Bären – die in früheren Zeiten immer aus Erbsenstroh bestand – verbrannt. Bei schönstem Wetter fand am Karnevalssonntag auf der Tribüne vor dem Lokale Longerich-Issel eine Veranstaltung mit anschließendem Festzug statt, die an Farbenpracht, Stimmung u. Teilnehmerzahl alle früheren Karnevalsfeiern übertraf.

Am 27./28.5.1957 wurde wiederum das Schützenfest abgehalten. [CS 64] Das Fest wurde am Samstagabend mit einem Fackelzug durchs Dorf eingeleitet. Häuser und Fenster waren von bengalischen und Wachslichtern illuminiert. Die zischenden in den Abendhimmel geschossenen Raketen wurden von dem starken Sturm bis ins Bockumer Feld abgetrieben. Nach dem gemeinsamen Kirchgang am Sonntagmorgen beteiligte die Bruderschaft mit vielen Dorfangehörigen sich an der Kriegerehrung vor dem Denkmal. Am Nachmittag hatte der Festzug viele Zuschauer herangezogen. König Franz (Brors) mit Gattin (Anna-Maria) und Hofstaat nahm auf dem geschmückten Podium auf dem Denkmalsplatz den Vorbeimarsch der Schützenbruderschaft ab. Das Auftreten der neugegründeten Jägerkompanie unter Führung des Hauptwachtm. Heinrich Issel fand starke Beachtung u. wurde freudig begrüßt. Montag war Königschießen. Nach einem Gottesdienst zog die Bruderschaft zum Schießstand. Vor dem Vereinslokal Christian Issel hielt der Zug nochmals inne, um sich von den lieben Gästen aus Offenbach am Glan zu verabschieden. Diese waren zum Gegenbesuch des vorjährigen Besuch des Tambourkorps zum Erntedankfest in Offenbach erschienen. Im Festzug am Sonntag hatte neben dem Bürgermeister auch die diesjährige Glaner Weinkönigin teilgenommen. Die Gäste lernten das Sermer Schützenfest kennen. Die bestehende Freundschaft wurde gefestigt, und das Erlebnis wird unvergeßlich bleiben. Der Omnibus, der die Gäste heimbrachte, hielt am Sportplatz nochmals inne, um das Königsvogelschießen zu erleben. Die Würdenträger der Bruderschaft, König Franz und Pastor Färber, gaben nach den Ehrenschüssen den Kampf um die neue Königswürde frei. Drei Stunden zitterten der Prinzen- und der Königsvogel. Nach und nach fielen die Pfänder. Rund 280 Schuß verkraftete der Prinzenvogel, 320 der Königsvogel. Kurz vor 13 Uhr trat Gerd Höffges an den Schießstand, und eine halbe Minute später war er unter dem Jubel des Volkes Prinz geworden. Um 13.15 mußte auch der Königsvogel klein beigeben. Schützenbruder Karl Jansen, der das ehrsame Bäckerhandwerk ausübt, regiert nun den Schützenstaat. Königin wurde seine Gemah- [CS 65] lin Sibylla geb. Hassel. Zum Hostaat gehörten Pol.-Obermeist. Wilh. Lutz mit Gattin (Erna) u. Heinrich Bloemkamp mit Gattin (Sybille). Der Festzug u. die Parade fanden am Nachmittag in altgewohnter Weise statt.

Nachfolgend faßt der Chronist alle Schützen- (könige) und Schützenköniginnen zusammen, die das Herrschaftszepter seit 1927 führten. Es sind 23, von denen 4 nicht mehr leben.

(In der folgenden Aufstellung sind offensichtlich spätere Todesfälle nachgetragen worden; denn die Chronik enthält mehr als vier Markierungen durch Kreuze, auch sind Namen nachgetragen und Verbesserungen vorgenommen worden)

                   König                                               Königin

1927           Christian Issel +                              Helene Longerich

1928           Johann Peters +                              Margarethe geb. Sandten

1929           Wilh. Kluth +                                  Sibylla Ropertz

1930           Josef Weitz +                                  Maria geb. Hecker

1931           Johann Benger +                            Wilhemine, geb. Schmitz

1932           Johann Clouth +                             Rebecka geb. Rettinghausen

1933           Engelbert Kusen +                         Katharina Hassel

1934           Theodor Wirz                                  Henriette Wirz

1935           Theodor Sackenheim +                  Margaretha geb. Kröll

1936           Heinrich Issel                                  Maria geb. Boeracker

1937           Andreas Wirz +                              Agnes geb. Reinartz

1938           Peter Heesen +                                Anna geb. Benger

1939           Theodor Mertens +                         Elisabeth Nüchtern

Von 1940 bis 1947 wurde wegen der Kriegs- und Nachkriegszeit kein König ermittelt.

1948           Peter Hassel +                                 Christine geb. Ingefeld

1949           Paul Peters +                                   Grete geb. Brockers

1950           Erwin Steinich                                Frau Maria Funken

1951           Peter Körwer +                                Therese geb. Hassel

1952           Gerhard Röckrath                           Eva geb. Broers

1953           Anton Onnertz +                            Josefine Onnertz

1954           Josef Baltes                                     Marianne geb. Rubick

1955           Theodor Hassel +                           Anna geb. Jägers

1956           Franz Brors +                                 Annemarie geb. Korfmacher

1957           Karl Janssen                                     Sibylla geb. Hassel

1958           Willi Blomenkamp                          Ilse geb. Schmidt

(die letzte Eintragung ist offensichtlich ein Nachtrag)

Eine alte Schützenplatte vom Jahre 1730 meldet noch einen Sermer Schützenkönig (im Original unzutreffend „Schützenkönigin“) desselben Jahres: Ludwig Rurorth, Scheffen Bain Hoff Gericht CRAITZBERG.

Mitten in der Jahresschilderung wird das Schreiben der Chronik von jemandem anderen fortgesetzt, der Chronist wechselte offensichtlich nicht, wie die Fortsetzung im Jahr 1958 zeigt.

[CS 66] Unsere Dorfkirche in Serm erhielt im August 1957 im Hauptschiff sechs neue Kirchenfenster, je drei zu beiden Seiten. Gleichzeitig wurden die durch Kriegseinwirkungen behelfsmäßig zugemauerten Fenster wieder in ursprünglicher Größe hergestellt. Der Künstler Lohbeck aus Trier hat die neuen Fenster entworfen, die Fa. Scholl aus Duisburg sie nach diesen Entwürfen ausgeführt. Zu jedem Fenster ist bildhaft ein bestimmter Gedanke dargestellt, und zwar

       Jesus der Kinderfreund

       Mariä Verkündigung

       Kreuzigungssymbole

       Hll. Herz Jesu

       Hl. Elisabeth

       St. Sebastian.

Das Fenster mit der Darstellung des hl. Sebastian wurde nach einem Beschluß des Vereins von der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft gestiftet. Zu diesem Zweck wurde von den Mitgliedern im abgelauefenen Jahr ein ansehnlicher Betrag gesammelt.

In der Kirche wurde ebenfalls eine Ölfeuerungsheizung angelegt, um vor allem im Winter den Raum angenehm zu erwärmen. Das (im Original: Die) alte Pastorat in der Mitte des Ortes wurde verkauft und an dessen (deren) Stelle ein neues (eine neue) angelegt; im Oktober wurde das Richtfest gefeiert, bei dem Hochwürden Pastor Johannes Färber den letzten Nagel fachmännisch ins Gebälk schlug.

Am 10. Oktober starb im Alter von fast 77 Jahren Herr Wilhelm Kluth. [CS 67] Er war Mitgründer unserer St. Sebastianus-Schützenbruderschaft, Schützenkönig im Jahre 1929, langjähriger Rendant und Kirchenvorsteher der Pfarre Herz Jesu zu Duisburg-Serm. Durch seine unermüdliche, rege Tätigkeit und durch seine mutige Charakterstärke, vor allem in der nationalsozialistischen Zeit, hat er sich um die Bruderschaft und um das Leben und Streben in unserem Dorfe Serm unvergängliche Verdienste erworben. Ihm sei ein besonders ehrenvolles Gedenken hier gewidmet. Requiescat in pace – er möge ruhen in Gottes ewigem Frieden!

Am 7. Oktober konnte Herr Johann Wengler, einst von Luxemburg nach Serm gekommen, seinen 80. Geburtstag feiern. Er übte lange Jahre als Meister das Stellmacherhandwerk aus. Durch die moderne, industrielle Entwicklung und durch die Rationalisierung auch in der Landwirtschaft ist auch dieses Handwerk, wie bereits andere vor ihm, in unserem Orte inzwischen ausgestorben. So vergehen und ändern sich die Zeiten.

(Hier greift die Chronik vor ins das Jahr 1958:) Am 14. Januar 1958 feierten wir das 40jährige Dienst- und Ortsjubiläum der Lehrerin Fräulein Neyses! 40 Jahre selbstloser, immer bereiter, schwerer und opfervoller Dienst an der Jugend unseres Dorfe. Sie hat vielen Hunderten heute noch Lebenden und bereits Gefallenen und Gestorbenen das geistige Rüstzeug mit auf den Weg gegeben, das sie befähigt, das Leben an- [CS 68] zufassen und zu meistern. Bei ihrem ganzen Wirken hat sie immer still und bescheiden im Hintergrund gestanden und doch am dörflichen Geschehen stets regen Anteil genommen. Für all ihre Mühe und Arbeit sei ihr auch an dieser Stelle gedankt! Es mögen ihr nun in ihrem Alter noch viele Jahre der Ruhe in unserem Dorfe beschieden sein!

Zwei Tage vor dem Feste des hl. Sebastian feierten wir die goldene Hochzeit der Eheleute Gerhard Höffges (es fehlt der Name seiner Frau). Herr Höffges, der früher auf dem Vorposten Serms am Rhein, in Rheinheim, wohnte und vor einiger Zeit nach Serm übergesiedelt ist, ist langjähriges, verdientes Mitglied der Bruderschaft und gehört dem Offizierskorps (im Orginal: -chor) als Oberstleutn. an. Er hat in seinem Berufe 43 Jahre lang bis zu seiner Pensionierung bei den Mannesmann-Hüttenwerken in Duisburg-Huckingen gearbeitet.

Vorher war das seltene Jubiläum der goldenen Hochzeit bereits den Eheleuten Lorenz Mertens (auch hier fehlt der Name seiner Frau) vergönnt (23. Mai). Sie haben in Serm einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet und auf den Feldern Serms ihr Leben lang gearbeitet. Der Hof wird heute von einem Sohne fortgeführt.

Die Schützenbrüder Heinz Brors und Franz Belting heirateten im August 1957.

Kurz vor Weihnachten starb das älteste Mitglied der Bruderschaft [CS 69] und zugleich der älteste Einwohner von Serm, Herr Hermann Schmitz, im 90 Lebensjahr. Er hat sein Leben lang einen Gemüsebaubetrieb in unserem Dorfe geführt. Nach einem schönen Lebensabend hat ihm der ewige Sämann nun die Arbeit aus der Hand genommen.

Auch im vergangenen Jahre stand die Bruderschaft in festem Brudersinn zusammen, um in schweren und frohen Stunden die Geschicke des Dorfes zu meistern. Am politischen Horizont waren für uns zwei Ereignisse von besonderer Bedeutung: Die alle vier Jahre stattfindende Bundestagswahl, die im September 1957 vom bisherigen Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer und seiner Partei, der Christlich Demokratischen Union, überzeugend gewonnen wurde, und der Start der ersten interplanetarischen Weltraumrakete (gemeint ist der erste Satellit), die unter dem Namen „Sputnik“ auch dem entlegensten Orte der Welt bekannt wurde. Mögen beide Ereignisse zum Frieden in unserem Vaterlande und zum Frieden in der ganzen Welt beitragen.

Diesem Frieden aus den Kräften des katholischen Glaubens auch weiterhin zu dienen, sei die Hauptaufgabe der St. Sebstianus-Schützenbruderschaft zu Duisburg-Serm!