Gleich am ersten Sonntag des neuen Jahres [8.1.1989] fand die Jahreshauptversammlung statt. Im Vorstand wurden Heinz Hannappel als 1. Kassierer und Willi Schmitz als 2. Schriftführer in ihren Ämtern bestätigt. Für den aus gesundheitlichen Gründen und seit Übernahme der Gaststätte „Haus Benger“ beruflich angespannten Willi Küpper, der sich nicht mehr zur Wahl stellte, wurde Manfred Henftling von der Grenadierkompanie als 2. Kassierer gewählt. Mit knapper Mehrheit wurde beschlossen, am Schützenfestsamstag ein kleines Programm zu bieten, um diesen Abend für eine größere Zahl von Gästen attraktiver zu machen. Hierfür soll der Eintrittspreis auf 8,- DM erhöht werden. Für die Schießgruppe wurde in der Gaststätte „Haus Benger“ ein Übungsraum eingerichtet.

So recht zufrieden waren die Mitglieder in den vergangenen zwei Jahren nicht, daß ihr Patronatsfest ausfiel bzw. mit der Jahreshauptversammlung zusammengelegt wurde. Vereinsgeist und Zusammengehörigkeitsgefühl dominierten, das Fest fand wieder im Januar statt [21./22.1.]. Am Sonntag feierte die Gemeinde die hl. Messe im Festzelt, danach gab es ein gemeinsames Frühstück für die Schützenbrüder und erstmals auch für die Gäste. Kirchenchor, Bläsergruppe und Tambourcorps sorgten für den musikalischen Rahmen.

In der nun folgenden Karnevalszeit erwarteten die Sermer voll Spannung den Einzug des neuen Regenten. Südsternpräsident Friedhelm Steinfort stellte 2 Mitglieder der Schützenbruderschaft vor. Heinrich Gödden, im Volksmund „Hein Gö“ genannt, auch als „Pommes Hein“, Mitbesitzer des Imbißstandes in Serm, bekannt, erschien als Prinz Heinrich VII. Als Mitglied der Grenadierkompanie saß er 1977 schon einmal auf dem Thron, allerdings in anderem Gewande, nämlich als Schützenkönig. Sein Schwager Bernd Schulz von der Sebastianer-Kompanie, Schützenkönig 1979, wurde Hofmarschall.

Das Schützenfest [29./30.4,/1.5.] bescherte uns nicht nur Sonntage – Montag, der 1. Mai war Feiertag – sondern auch Sonnentage. Nach dem Umzug und der Kranzniederlegung lud die Bruderschaft zum „Showkonzert“ mit bekannten Künstlern ein. Den Höhepunkt ihrer Regentschaft erlebten das Königspaar Heinz und Ulla Hannappel und Kronprinz Andreas Göhn mit dem herrlichen Festzug am Sonntag. Am Abend tanzte man in den Mai. Am Montag, dem 1. Mai, begann nach der hl. Messe das Vogelschießen. Herr Pastor Patalong und einige Gäste aus der Duisburger Politik, u.a. Bürgermeister Clemens Fuhrmann, eröffneten mit den Ehrenschüssen den Wettkampf. Allen Unkenrufen zum Trotz, an Königsbewerbern mangelte es diesmal nicht. Nach kurzem Kampf wurde Willi Sackenheim von der Jägerkompanie Schützenkönig und gab seinen Mitbewerbern Helmut Remers, Martin Schulz und Willi Küpper das Nachsehen. Zur Königin wählte er seine Frau Irmgard. Den Hofstaat bildeten sein Schwager Willi Schmitz von der Grenadierkompanie mit Ehefrau Agnes und Helmut Remers von der Jägerkompanie mit Ehefrau Waltrud. Die Kronprinzenwürde erlangte Helmut Niebur, Adjutanten wurden Christoph Wanders und Norbert Rösel.

Vom Wettergott begünstigt, sonnte sich das Königspaar beim Umzug durch das Dorf. Der 1. Brudermeister Heinrich Weitz hatte seinen Platz in der Königskutsche der 86-jährigen Mutter des Königs überlassen. Für Margarethe Sackenheim war dies sicherlich auch ein besonderer Ehrentag.

Majestät Willi Sackenheim, inzwischen im wohlverdienten beruflichen Ruhestand, ist sowohl im Schützen- als auch im Karnevalswesen sehr aktiv. Als langjähriges Mitglied im Tambourcops hielt es ihn nach der Königsproklamation nicht mehr auf der Bühne. Spontan ging er zum Tambourcorps hinunter, erbat sich eine Trommel und spielte wie in alten Zeiten gemeinsam mit den Spielleuten den Marsch „Alte Kameraden“. Man konnte sehen und hören, er hatte in all den Jahren nichts verlernt. Zur Karnevalszeit ist Willi Sackenheim Chef der Wurstsammler, eine alte Sermer Tradition. Zusammen mit Ehefrau Irmgard schiebt er den Würstchenkarren durchs Dorf. Ein hartes Stück Arbeit, wenn man bedenkt, daß auf der langen Wegstrecke manches „Körnchen“ und „Wachölderchen“ verabreicht wird.

Das Herbstschießen [15.10.] wurde auf dem bereits erwähnten Schießstand in der Gaststätte „Haus Benger“ ausgetragen. Herbstmeister bei den Altschützen wurde Hans-Wilhelm Baltes, bei den Jungschützen Ludger Heesen.

In den Stand der Ehe trat Günter Grabowski.

Das Fest der Silbernen Hochzeit feierten mit ihren Ehefrauen Johannes Löv und Johann Werners.

Durch Tod verlor die Schützenbruderschaft Josef Lörks von der Hubertus-Kompanie, Landwirt auf einem der ältesten Bauernhöfe Serms, dem Brengershof, und Karl Hallmann von der Edelweiß-Kompanie. Die Zahl der Mitglieder war Ende 1989 250.

Für 60-jährige Mitgliedschaft wurden Hubert Küpper und Theo Wirz geehrt. 50 Jahre in der Bruderschaft waren Josef Baltes und Robert Pechan, auf eine 40-jährige Mitgliedschaft konnten Peter Möltgen, Heinz Wanders, Adolf Rösel und Anton Rösel zurückblicken. Für besondere Verdienste, besonders für erstklassige Leistungen in der Schießgruppe, erhielt Hans-Wilhelm Baltes das silberne Verdienstkreuz. Drei Beförderungen wurden ausgesprochen: Hans Hümbs zum Oberstleutnant, Heinrich Krampe zum Oberleutnant der Edelweiß-Kompanie und Johann Dornscheidt zum Leutnant der Tell-Kompanie.

Das Jahr 1989 wird sicherlich als Schicksalsjahr der Deutschen in spätere Geschichtsbücher eingehen, brachte es doch dramatische Veränderungen, die man bis vor Kurzem nicht für möglich gehalten hätte. Eingeleitet durch die Reformbewegungen „Glasnost“ und „Perestroika“ durch Michael Gorbatschow in der Sowjetunion sprang der Funke auch auf andere Ostblockstaaten, zunächst Polen und Ungarn, über. Da sich die SED-Regierung der DDR den Wünschen der Bevölkerung nach Reisefreiheit und Demokratisierung widersetzte, erzwangen Tausende durch Besetzung der Botschaften der Bundesrepublik in Budapest, Warschau und Prag die Ausreise. Als dann Ungarn die Grenze nach Österreich öffnete, war das Machtmonopol der SED-Regierung gebrochen. Die Regierung wurde gestürzt und die Grenzen nach der Bundesrepublik und West-Berlin geöffnet. Die ganze Welt nahm Anteil am Freudentaumel der Deutschen, die sich an den Grenzen glücklich begrüßten. In Bulgarien und der CSSR war der Reformkurs ebenfalls nicht aufzuhalten. Lediglich in Rumänien, dem letzten Bollwerk des Stalinismus, war der Kampf um die Freiheit am härtesten. Das vom Familienclan Ceaușescu unterdrückte Volk erkämpfte sich in einem Bürgerkrieg die Freiheit. Der Preis dieses Kampfes waren über 60.000 Todesopfer.

Kurz vor Weihnachten wurde die Mauer am Brandenburger Tor in Berlin, sicherlich das Wahrzeichen für ein gemeinsames deutsches Vaterland, geöffnet. Hier feierten in der Sylvesternacht Menschen aus Ost und West ausgelassen den Übergang ins letzte Jahrzehnt vor der Jahrtausendwende, letztlich auch in der Hoffnung, daß sich die Beziehungen zwischen Ost und West weiter normalisieren und zu einem wiedervereinigten Deutschland führen.

HINWEIS:

(Die kursiv gehaltenen Datumsangaben sind in der Originalchronik am Seitenrand notiert, weitere kursive Teile fehlen – wohl versehentlich – im Original und wurden von mir ergänzt)